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„Die Menschen lagen auf dem Boden, drückten sich aneinander wie Sardinen in einer Büchse und erwarteten den Tod.“

Maria Moisejewna Fischman (geb. 1918)* war eine sowjetische Kriegsgefangene. 

 

Maria Fischman wurde am 29. April 1918 in der Stadt Wosnessensk (Ukraine) geboren. Im Jahr 1941 schloss sie ihr Medizinstudium in Odesa (Ukraine) ab und wurde als Ärztin in die chirurgische Abteilung eines Sanitätsbataillons der Roten Armee an die Südwestfront einberufen. Im Mai 1942 wurde ihr Bataillon in der Nähe von Charkiw (Ukraine) eigekesselt:

 

"Die Faschisten drängten uns in ein offenes Feld ab und bewarfen uns über sechs bis sieben Tage rund um die Uhr mit Bomben. Scharfschützen schossen von allen Seiten. Die Menschen lagen auf dem Boden, drückten sich aneinander wie Sardinen in einer Büchse und erwarteten den Tod."

Durch eine Explosion wurde Maria an Arm und Hüfte verwundet. Kammeraden aus ihrem Sanitätsbataillon halfen ihr zu überleben. Nach ihrer Gefangennahme wurden alle in Kolonnen aufgereiht und auf einen etwa fünftagelangen Fußmarsch geschickt. Trotz ihrer Verwundung beschloss Maria zu fliehen, weil sie befürchtete, dass sie als Jüdin der sichere Tod erwartet:

„Als wir russische Häuser passierten… Ich rannte in ein solches zerstörtes Haus rein. Es war nicht schwer zu entfliehen, die Menschenkolonne war lang und es gab nur wenige deutsche Wachen. Die Kolonne ging weiter, mich haben sie nicht bemerkt. Ich wartete noch ab und ging dann ins Dorf.“

 

Nach der Flucht aus der Gefangenschaft versteckte sich Maria über sieben Monate vor deutschen Truppen und bewegte sich stets in Richtung Frontgebiet. Sie ging tagsüber und schlief nachts 10-15 Meter von der Straße entfernt. In der kalten Jahreszeit suchte sie Schutz in Dörfern, übernachtete oft in fremden Scheunen oder auf dem Heuboden. Im Dezember 1942 erreichte sie Inguschetien im nördlichen Kaukasus.

Am 3. Januar 1943 befreiten sowjetische Truppen das inguschische Dorf, in dem sich Maria befand. Sie ging zum Armeestab und erzählte ihre Geschichte. Sie wurde verhaftet und mit anderen Personen mit dem Zug ins Filtrationslager des NKWD in Hanlar (heute: Göygöl, Aserbaidschan) in der Nähe von Kirowobad (heute Ganja: Aserbaidschan) deportiert. Sie wurde acht Monate lang überprüft. Sie lebte in einer Lagerbaracke und arbeitete in der Wäscherei, später als Ärztin. Nach acht Monaten bot man ihr an, dort zu bleiben. Sie willigte ein und arbeitete dort weitere anderthalb Jahre. Dabei lernte sie im Lager ihren künftigen Ehemann kennen. 

Nach der Demobilisierung lebte Maria in Jalta (Krim, Ukraine). Sie arbeitete bis 1951 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Setschenow-Forschungsinstitut und weitere 39 Jahre in einer Heilklinik.

 

*Marias letzter Brief an dien Verein „Kontakte-Контакты e. V.“ stammte vom 26. Oktober 2005, als sie 88 Jahre alt war.

Before
After
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Autor: Boris Romanow

Quelle: Briefe von Maria Fischman an „Kontakte-Контакты e. V.“, Archiv des Museums Berlin-Karlshorst vom 26.10.2005.