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Aufnäher „OST“

Die sog. „Ostarbeitererlasse“ vom 20. Februar 1942 verpflichteten sowjetische Zwangsarbeiter:innen, einen Stoffaufnäher „OST“ zu tragen (Dies stand für „Ostarbeiter“, wie sowjetische Zwangsarbeiter:innen in NS-Deutschland genannt wurden). Fehlte der Aufnäher auf der Kleidung, drohte eine Geldstrafe. Auf wiederholte Verletzung dieser diskriminierenden Regel standen mehrere Tage oder gar Wochen Gefängnis.

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Stoffaufnäher „OST“, Digitales Archiv „Fond 21“, Forschungs- und Bildungszentrum „Memorial“, (https://fond21.memo.ru/doc/106284/2).

Der Idee deutscher Beamter nach sollte der Aufnäher „OST“ der deutschen Bevölkerung signalisieren, dass gefährliche Vertreter einer „unteren Rasse“ vor ihnen stünden. Kontakte zu ihnen waren außerhalb der Arbeit nicht empfehlenswert. Der Aufnäher bedeutete auch, dass sein:e Träger:innen unter besonderer Aufsicht von Polizei und Gestapo standen. All dies führte dazu, dass Zwangsarbeiter:innen den Aufnäher oft, trotz aller Verbote, außerhalb des Lagers versteckten.

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Die sowjetische Zwangsarbeiterin Walentina Sergijenko versucht, den Aufnäher „OST“ für die Fotoaufnahme zu überdecken, zwischen 1942 – 1945, Digitales Archiv „Fond 21“, Forschungs- und Bildungszentrum „Memorial“. (https://fond21.memo.ru/doc/360092/2).
Walentina Sergijenko wurde im Alter von 16 Jahren aus dem Gebiet Tschernihiw (Ukraine) nach Deutschland deportiert. Sie leistete von 1942 bis 1945 Zwangsarbeit an der Wolldeckenfabrik Bruckmühl in Bayern.

Die Politik gegenüber „Ostarbeitern“ hing direkt von der militärischen Lage der Wehrmacht an der Ostfront ab: Je schlechter diese wurde, desto mehr Lockerungen gegenüber sowjetischen Zwangsarbeiter:innen gab es und umso stärker unterstützten die Nationalsozialist:innen die Interessen verschiedener ethnischer Gruppen aus der Sowjetunion im Deutschen Reich. Dies spiegelte sich auch auf dem Abzeichen „OST“. Ab 1943 durften Zwangsarbeiter:innen, die sich in Augen deutscher Vorgesetzter besonders hervorgetan haben, das Zeichen nicht auf der Brust, sondern auch am Ärmel tragen.

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Maria Borisenko trug das Abzeichen „OST“ am Ärmel, zwischen 1943 – 1945, Digitales Archiv „Fond 21“, Forschungs- und Bildungszentrum „Memorial“, (https://fond21.memo.ru/doc/349861/2).

Maria Borisenko wurde im Alter von 20 Jahren aus Dnipro (Ukraine) nach Deutschland deportiert. Von 1942 bis 1945 leistete sie Zwangsarbeit im Rheinmetall-Borsig-Werk Sömmerda in Thüringen.

1944 wurden drei neue nationale Abzeichen anstelle des Aufnähers „OST“ eingeführt, was nicht zuletzt unter Druck des Komitees für die Befreiung der Völker Russlands unter Leitung von Andrej Wlassow geschah: Sonnenblume mit Dreizack und einer gelb-blauen Flagge für Ukrainer:innen; Maisähre mit Zahnrad und einer weiß-roten Flagge für Belarus:innen; Andreas-Kreuz mit einer weiß-blau-roten Flagge für Russen. In Wirklichkeit waren diese nationalen Abzeichen nicht weit verbreitet.

Verfasserin: Evelina Rudenko