KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Das KZ Neuengamme wurde im Dezember 1938 als Außenlager des KZ Sachsenhausen errichtet, ab Frühjahr 1940 war es ein selbstständiges KZ-Hauptlager. Die Gefangenen bauten zunächst unter katastrophalen Arbeitsbedingungen das Lager aus, errichteten ein Klinkerwerk, begannen mit dem Abbau von Ton zur Produktion der Klinker und gruben einen Stichkanal für deren Abtransport auf dem Wasserweg.
Ab 1942 begann die SS damit, die Arbeitskraft der KZ-Häftlinge auch zu Rüstungszwecken auszubeuten – in Werkstätten auf dem Lagergelände und in ersten Außenlagern, um die Häftlingsarbeit direkt in die Betriebe zu verlagern. Diese Entwicklung erreichte ab Mitte 1944 mit dem Aufbau immer neuer Außenlager einen Höhepunkt. In diese Zeit fällt auch die Gründung zahlreicher Außenlager für weibliche Häftlinge. Insgesamt verwaltete das KZ Neuengamme zwischen 80 und 90 Außenlager im gesamten norddeutschen Raum.
Zwischen 1938 und 1945 waren rund 100.000 Männer und Frauen im KZ Neuengamme und seinen Außenlagern inhaftiert – zunächst Deutsche, doch im Verlauf des Krieges kamen immer mehr Häftlinge aus den vom Deutschen Reich besetzten Ländern hinzu, vor allem aus der damaligen Sowjetunion, Polen, Frankreich, Ungarn und den Niederlanden.
Man geht davon aus, dass 21.000 Männer und 2.000 Frauen aus der damaligen Sowjetunion als Häftlinge im KZ Neuengamme waren. Sie waren als zivile Zwangsarbeiter innen oder Kriegsgefangene in die Hände der Deutschen gelangt und später aus verschiedenen Gründen in ein KZ überstellt. Zu den größten Gruppen zählen ehemalige Zwangsarbeiter aus der Ukraine und Belarus sowie frühere Soldaten der Roten Armee aus Russland. Hinzu kamen noch 1.000 Kriegsgefangene, die im Oktober 1941 von der Wehrmacht an die SS in Neuengamme ausgeliehen wurden. Nach neun Monaten waren zwei Drittel von ihnen an Hunger und Krankheiten gestorben oder von der SS ermordet worden. Insgesamt kamen mindestens 42.900 Häftlinge im KZ Neuengamme oder den Außenlagern ums Leben.
Kurz vor Kriegsende ließ die SS das KZ Neuengamme räumen. Tausende Häftlinge wurden in Richtung Ostsee transportiert und auf mehrere Schiffe verladen. Die irrtümliche Bombardierung der Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbek“ in der Lübecker Bucht durch die britische Luftwaffe wurde am 3. Mai 1945 zu einer der größten Schiffskatastrophen. Mehr als 6000 KZ-Häftlinge kamen dabei ums Leben.
Das Gelände des KZ Neuengamme wurde in den Jahren 1945 bis 1948 von den britischen Besatzungsbehörden als Internierungslager genutzt. Anschließend errichtete die Stadt Hamburg ein Gefängnis auf dem Areal des ehemaligen Häftlingslagers. Eine einfache Gedenksäule 1953 und ein Internationales Mahnmal 1965 waren erste Gedenkzeichen. Die Stadt Hamburg errichtete 1981 ein Dokumentenhaus mit einer ersten Ausstellung, aber verlegte erst 2003 nach langjährigen Protesten das Gefängnis und machte so den Weg frei für eine umfassende Umgestaltung des Geländes als Gedenkstätte. Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme wurde am 4. Mai 2005 eröffnet.
Verfasser: Christian Römmer, Mitarbeiter im Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.